Vom Kinderwunsch zum Wunschkind

„Als Bianca und ich uns kennen lernten, war von Anfang an klar, dass wir heiraten und auch Kinder möchten. Bianca hat gleich gesagt, dass sie nicht schwanger sein möchte. Sie war früher auch schon mit Männern zusammen und auch da hatte sie schon den Kinderwunsch, konnte sich eine Schwangerschaft aber nicht vorstellen. Also war klar: Wenn wir ein Kind bekommen, dann trage ich es aus.

Am Anfang haben wir gar nicht an Kinderwunschkliniken gedacht, da uns gar nicht klar war, dass lesbische Paare dort unterstützt werden. Wir hatten die Idee, jemanden aus unserem schwulen Freundeskreis zu nehmen. Es wäre zwar kein Problem gewesen, da jemanden zu finden, aber die haben sich dann alle aufs `Papa sein´ gefreut. Und genau das wollten wir einfach nicht. Wir wollten keinen Mann, der eine aktive Vaterrolle übernimmt. Gerne eine Position, in der die Kinder etwas über ihn erfahren können aber von uns aus muss auch kein persönlicher Kontakt bestehen. Wenn Samira das irgendwann mal so möchte, dann ist das was anderes.

Dann verging bestimmt nochmal ein ganzes Jahr und wir hatten gehofft, dass wir doch noch jemanden finden, der nicht aus dem Freundeskreis kommt. Dann ist mir auf der Arbeit die Idee gekommen, einfach mal nach einer Kinderwunschklinik zu suchen, die gleichgeschlechtliche Paare unterstützt. Nach ein paar Klicks ist gleich die Seite vom Kinderwunschzentrum Wetzlar aufgegangen, auf der sogar schon Erfahrungsberichte von anderen lesbischen Paaren standen. Ich war total überrascht und habe noch am selben Tag dort angerufen. Die waren super nett und zuvorkommend. Die haben mir gleich alle Fragen beantwortet und mir den Vorschlag gemacht mit Bianca einfach vorbei zu schauen, dass wir uns die Klinik anschauen und die Ärzte kennenlernen können.

Dann sind wir zusammen das erste Mal nach Wetzlar gefahren. Das war kein richtiges Krankenhaus, mehr eine Wellnessklinik. Der Arzt hat uns unsere Möglichkeiten aufgezeigt und meinte, dass wir das so natürlich wie möglich angehen sollten und einfach das Spendersperma injizieren. Ganz ohne Hormonbehandlung. Ich war schließlich nicht wegen eines Defizits dort, sondern nur, weil uns das Sperma fehlte. Mir wurde Blut abgenommen, um meinen Zyklus und meinen Allgemeinzustand zu checken.

Von der Klinik aus wurde uns eine Samenbank in Dänemark empfohlen mit der sie schon gute Erfahrungen gemacht hatten. Mit der Webadresse sind wir dann nach Hause gefahren und haben nach dem richtigen Spender gesucht. Es sollte schon jemand sein, der auch ein bisschen aussieht wie Bianca und einer, der zu uns passt. Am liebsten braune Haare und grüne Augen, nicht ganz so groß, aber schon eine gewisse Größe und Gewicht. Wir haben eine Woche lang gesucht und uns da auch die Zeit genommen, die wir brauchten. Wir hatten schon das Gefühl gewisser Weise Gott zu spielen. Man hat ja alle Möglichkeiten. Du kannst alles eingeben und dir so deinen Wunschmann und somit auch dein Wunschbaby zusammenstellen. Doch ganz so einfach war es dann nicht. Obwohl 22.000 Spender in der Kartei sind, war kein einziger dabei, der braune Haare und grüne Augen hat. Trotzdem hatten wir am Ende vier Spender in der engeren Auswahl.

Die Kinderwunschklinik hat uns gesagt, dass wir nicht das billigste nehmen sollen. Wenn es etwas teurer ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit auch größer schwanger zu werden, da die Spermien qualitativ hochwertiger sind. Letztendlich haben wir für 500 Euro das Sperma der mittleren Kategorie bekommen. Wir haben drei Proben bestellt, da man nicht sicher sein kann, dass es beim ersten Versuch gleich klappt.

Als es dann soweit war, hatten wir für morgens um halb neun wieder einen Termin in Wetzlar. Nach einigen Voruntersuchungen meiner Eizelle ging es dann los. Innerhalb zwanzig Minuten war das Sperma aufgetaut und wurde mit einer weichen Spritze aufgezogen. Bianca durfte mir das Sperma dann in die Gebärmutter drücken. Dass es so natürlich wie möglich ist, hatten wir hinterher auch noch ein bisschen Zeit zum Kuscheln. Wir haben es uns dann mit Decken schön gemütlich gemacht und gehofft, dass es geklappt hat.

Zwei Wochen später hatte ich dann einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Wir konnten es erst gar nicht glauben, weil wir nie gedacht hätten, dass es gleich beim ersten Mal funktioniert. Ich habe immer aus Spaß gesagt, dass mein Körper schon so lange kein Sperma mehr gesehen hat, dass er das einfach abstößt und zerstört. Dann haben wir einen zweiten Test gemacht und als der auch positiv war, war die Freude natürlich riesig.

Es hat alles so einfach und reibungslos geklappt. Das hätten wir nie gedacht. Jetzt muss Bianca unsere Tochter noch adoptieren. Das dauert hier in Deutschland alles viel zu lang. Momentan hat Bianca das sogenannte `kleine Sorgerecht´. Das heißt, dass sie alltägliche Entscheidungen treffen darf. Aber sie steht in keinem Dokument mit drin, weil sie noch nicht als sorgeberechtigte Mutter angesehen wird. Wir hatten uns schon während der Schwangerschaft bezüglich einer Adoption informiert, aber in Deutschland kann man das erst in die Wege leiten, wenn das Kind schon auf der Welt ist. Wir hatten als Vorbereitung schon alle Dokumente zusammengesammelt und uns einen Notar gesucht, der uns unterstützt. Das macht ja auch nicht jeder.

Jetzt läuft die Adoption seit einem knappen Jahr und das Ganze kostet uns 10.000 Euro. Wir verstehen das alles nicht wirklich. Bianca ist ja ihre Mama. Sie war bei allem dabei. Bei der Zeugung, bei der Geburt und sie hat die Nabelschnur durchgeschnitten. Und jetzt muss sie ihr eigenes Kind noch adoptieren. Das ist doch Humbug. Es war schließlich auch in Ordnung, dass wir die Kleine gezeugt haben. Jetzt werden wir als Eltern in unserer Wohnung vom Jugendamt mit ewigen Fragebögen überprüft, ob wir geeignet sind. Und selbst, wenn das Jugendamt grünes Licht gibt, kann das Gericht sich immer noch gegen die Adoption entscheiden. Ich verstehe das alles einfach nicht. Wir sind schließlich eine Familie. Samira wird geliebt, umsorgt und wächst in geregelten Verhältnissen auf.“

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